Zeche Fürst Leopold: Unterschied zwischen den Versionen

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Das '''Bergwerk Fürst Leopold''' war ein [[Kohle#Steinkohle|Steinkohlen]]bergwerk im [[Dorsten]]er Stadtteil Hervest.
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== Name ==
Der Name des Bergwerks geht auf den Inhaber des [[Bergregal]]s um 1900, ''Fürst Nikolaus Leopold zu Salm-Salm'' zurück.
 
== Geschichte ==
=== Vorbereitung und Teufen ===
[[Datei:FL Foerderturm Schacht 2.jpg|miniatur|Fördergerüst von Schacht ''Fürst Leopold 2'']]
 
In circa 600 m Tiefe stieß die ''Fürstlich Salm-Salm’sche Generalverwaltung'' 1902 bei der Tiefbohrung „Fürst Leopold II“ auf Kohle und legte die [[Mutung|Steinkohlemutung]] ein. Die Grubenfelder I und III wurden 1906 an die [[Bergrechtliche Gewerkschaft|Gewerkschaften]] ''Fürst Leopold I, II und III'' verliehen. Kurz darauf übernahm die [[Gelsenkirchen]]er ''Bergwerks-AG Consolidation'' die Gewerkschaften und die Felder IV bis X. 1910 wurden für die Gewerkschaft ''Fürst Leopold'' alle 10 Felder zum 21,2 km² großen [[Grubenfeld]] „Fürst Leopold I“ zusammengefasst. Im November begannen zunächst die [[Abteufen|Teufarbeiten]] für den [[Schacht (Bergbau)|Schacht]] ''Fürst Leopold 1'', ein halbes Jahr später folgten die Arbeiten für ''Fürst Leopold 2''. Im Dezember 1911 teilte die ''Bergbau-AG Consolidation'' aus steuerrechtlichen Gründen das Feld erneut: Es entstanden die Felder „Fürst Leopold“ (16,1 km²) und „Fürst Leopold Fortsetzung“ (6,1 km²). Die vorläufige [[Teufe|Endteufe]] von 690 beziehungsweise 748 m erreichten ''Schacht 1'' und ''2'' fast gleichzeitig im Mai 1912, als sie auf kohleführende [[Flöz]]e trafen.
 
=== Fürst Leopold ===
==== Förderung und Ausbau ====
Im Januar 1913 wurde die erste Kohle gefördert – bis zum Jahresende 39.236 [[Tonne (Einheit)|t]], die Belegschaft wuchs auf etwa 450 Arbeiter. 1914 wurde westlich der Förderschächte eine [[Ziegelei|Ringofenziegelei]] errichtet, die vor allem für die entstehende [[Zechenkolonie]] produzierte. 1915 erreichten die Schächte ihre Endteufe von 895 und 876 m.
 
==== Streik ====
Im November 1918 erwarb die [[Hoesch AG]] die [[Kux]]e der Gewerkschaften für 21,75 Millionen Mark. Von Dezember 1918 bis April 1919 [[streik]]ten die Bergleute der Dorstener Zechen für höhere Löhne und Sozialleistungen, die Ausschreitungen gipfelten in der Ermordung eines Bürovorstehers. In den Tarifverhandlungen wurde ein bezahlter Jahresurlaub von 3 bis 6 Tagen, ein Durchschnittslohn von 14 Mark sowie die Einführung der 7-Stunden-Schicht erreicht.
 
=== Fürst Leopold / Baldur ===
==== Interessenvertrag und Verbund ====
1920 kooperierte die ''Hoesch AG'' mit dem ''Köln-Neuessener Bergwerksverein'' und der ''Gewerkschaft Trier'' (Besitzer der benachbarten [[Zeche Baldur]]). Mit der [[Deutsche Inflation 1914 bis 1923|Inflation]] kam es zu weiteren Streiks um Lohnerhöhungen, die in der [[Ruhrbesetzung]] (Ruhrkampf) endeten. „Fürst Leopold“ war von Februar 1923 bis Dezember 1924 von belgischen Truppen besetzt. 1926 begannen die Arbeiten für den untertägigen Verbund von „Fürst Leopold“ (2. Sohle) und „Baldur“ (3. Sohle) bei einer Teufe von etwa 700 m – kurz vor dem [[Durchschlag (Bergbau)|Durchschlag]] kamen die Arbeiten jedoch zum Stillstand. 1927 begannen die Arbeiten für einen eigenen Zechenhafen am [[Wesel-Datteln-Kanal]]. Im März 1930 wurden die ersten Kohlen von „Fürst Leopold“ mit der Werksbahn zum Hafen transportiert und dort auf [[Kahn|Kähne]] verladen. Nach anhaltenden Absatzproblemen wurde im Juli 1930 zunächst die ''Gewerkschaft Trier'' (und damit die Zeche „Baldur“) auf den ''Köln-Neuessener Bergwerksverein'' übertragen. Ein halbes später schlossen sich die ''Hoesch AG'' und der ''Köln-Neuessener Bergwerksverein'' zum Großunternehmen ''Hoesch-Köln-Neuessener AG für Bergbau und Hüttenbetrieb'' zusammen. Wenige Monate später wurde die Zeche „Baldur“ stillgelegt. Um die verbliebenen Schächte zur besseren [[Bewetterung]] von „Fürst Leopold“ zu nutzen, wurden die Verbundarbeiten erneut aufgenommen. Im Juni 1931 erfolgte der Durchschlag, das Gesamtbergwerk nannte sich fortan „Fürst Leopold / Baldur“.
Wegen der [[Weltwirtschaftskrise]] sank der Absatz des Bergwerks um 1933 so stark, dass Feierschichten eingelegt und Kündigungen ausgesprochen werden mussten. Im Sommer 1934 wurden Hervest und Holsterhausen wegen der hohen Arbeitslosigkeit und Armut zu [[Notstand]]sgebieten erklärt.
 
==== Zweiter Weltkrieg ====
Ab 1936 ging es, auch aufgrund der höheren Nachfrage der [[Rüstungsindustrie]], auch für „Fürst Leopold / Baldur“ wieder bergauf. Durch den technischen Fortschritt und den Ausbau ''über'' wie auch ''unter Tage'' wurde 1939 eine Jahresleistung von über einer Million [[Tonne (Einheit)|Tonnen]] [[Kohle#Steinkohle|Steinkohle]] überschritten. 1944 wurden etwa 660 [[Kriegsgefangener|Kriegsgefangene]] zur unter-Tage-Arbeit verpflichtet. Im März 1945 wurden die Tagesanlagen bei schweren Luftangriffen stark beschädigt, während die Luftschutzstollen ''unter Tage'' und in Bergehalden etwa 700 Bürger vor den Tieffliegern schützten.
 
==== Wiederaufbau ====
Nach Kriegsende begannen die Wiederaufbau- und Reparaturarbeiten, so dass im Oktober 1945 die reguläre Förderung wieder aufgenommen werden konnte. Durch die von den Alliierten geforderte Umgestaltung der deutschen Montanindustrie fiel „Fürst Leopold / Baldur“ an die ''Hoesch Bergwerks-AG'', um den Steinkohle-Bedarf der Dortmunder [[Westfalenhütte]] zu decken.
 
Unter Tage wurde der Holzausbau der Streben durch [[Grubenausbau|Stahlausbau]] ersetzt und die Arbeit durch [[Schrämen|Schrämmaschinen]] und [[Kohlenhobel]] erleichtert. Weiterer Ausbau der [[Fördermaschine]]n und [[Kohlenwäsche|Aufbereitung]] führten zu höherer Leistungsfähigkeit auch für die über-Tage-Anlagen.
 
==== Hochdruckkraftwerk ====
Um das veraltete Kesselhaus zu ersetzen und den Eigenbedarf an Dampf, Druckluft und Strom wirtschaftlicher zu decken, wurde Anfang der [[1950er|1950er Jahre]] ein Hochdruckkraftwerk errichtet. 1955 musste die hauseigene Ziegelei der Erweiterung um eine Druckvergasungsanlage zur Erzeugung von Starkgas weichen, die vor allem von der [[Essen]]er [[E.ON#Konzerngeschichte|Ruhrgas AG]] benötigt wurde. 1959 wurde das Dorstener Bergwerk in die wiedergegründete ''Hoesch AG'' eingegliedert.
 
==== Absatzkrise ====
Nach den Rekordjahren 1956/1957 (knapp 1,5 Millionen Tonnen Jahresförderung bei 4250 Beschäftigten) musste die Förderung wegen einer anhaltenden Absatzkrise auf 1,2 Millionen Tonnen gedrosselt werden. Grund für diese [[Kohlekrise]] war die Verdrängung der deutschen Steinkohle durch [[Erdöl]] und billigere Import-Kohle vor allem aus den [[USA]]. So wurde bis etwa 1967 die Belegschaft wie auch die Jahresförderung kontinuierlich bis auf 879.000 t bei 1699 Mitarbeitern gesenkt, gleichzeitig konnte jedoch die Schichtleistung (Tonne je Mann und Schicht) von 1,95 auf 3,84 t/MS gesteigert werden.
 
=== Fürst Leopold / Wulfen ===
==== Eingliederung in die Ruhrkohle AG ====
Um den deutschen Bergbau weiter zukunftsfähig zu betreiben wurde 1968 die [[RAG Aktiengesellschaft|Ruhrkohle AG]] gegründet, in der 80 % der fördernden Bergwerke zusammengefasst wurden. Auch die ''Hoesch AG'' übertrug ihre Bergwerke samt „Fürst Leopold / Baldur“ an die RAG. Zusammen mit den Zechen „[[Zeche Brassert|Brassert]]“ und „[[Zeche Wulfen|Wulfen]]“ wurde „Fürst Leopold / Baldur“ in den Unternehmensbereich ''Bergbau AG Herne / Recklinghausen'' eingegliedert.
 
Da ein Verbund von „Wulfen“ weder mit „Brassert“ noch mit „[[Zeche Auguste Victoria|Auguste Victoria]]“ realistisch erschien, entschloss sich die Unternehmensleitung im Juni 1970, die Schachtanlagen „Fürst Leopold / Baldur“ und „Wulfen“ zum Bergwerk „Fürst Leopold / Wulfen“ zusammenzulegen.
 
==== Verbund ====
Im Rahmen eines [[Exploration (Geologie)|Explorationsprogramms]] zur Erkundung neuer [[Lagerstätte]]n stieß man bei Tiefbohrungen im Baufeld „Wulfen“ 1974 auf weitere [[Flöz|Steinkohleflöze]]. So konnte die für 1975 geplante Stilllegung der Schachtanlagen „Wulfen“ abgewendet werden und die Pläne für den untertägigen Verbund nahmen Gestalt an. Im Januar 1975 begannen die Verbundarbeiten zwischen „Fürst Leopold“ (3. Sohle -{{Höhe|838|DE-NN|link=true}}) und „Wulfen“ (2. Sohle -990 m NN). Die etwa 7,5 km Strecke wurden innerhalb von sechseinhalb Jahren aufgefahren. Im Juli 1981 zündete der ehemalige Mitarbeiter und [[Dorsten]]er Bürgermeister Hans Lampen den letzten Abschlag. Durch den Verbund ergab sich für das Bergwerk „Fürst Leopold / Wulfen“ ein Baufeld von 96,0 km².
 
==== Ausbau ====
[[Datei:Skip FL.jpg|miniatur|Abteufkübel am Westtor]]
 
Während der Verbundarbeiten wurden vor allem die Anlagen ''über Tage'' modernisiert: ''Schacht 1'' wurde 1975/1976 von [[Gestellförderung|Gestell]]- auf [[Gefäßförderung|Skipförderung]] umgebaut, es wurden neue Siebmaschinen und Großsiecher installiert und die Förderwege vereinfacht. ''Unter Tage'' war die bedeutendste Umstellung der selbstschreitende [[Schildausbau]].
 
1983 wurde zudem eine „Rohkohlen-Stapel- und Vergleichmäßigungsanlage“ in Betrieb genommen um die geförderte Rohkohle zu einem gleichmäßigerem Produkt zu vermischen. Um den ''Schacht 1'' auf Baldur besser als Wetterschacht nutzen zu können, wurde er bis auf -1328,4 m NN tiefer geteuft. 1997 erzielte „Fürst Leopold / Wulfen“ mit 2.400.350 t bei etwa 3000 Beschäftigten die höchste Jahresförderung der Betriebsgeschichte.
 
=== Bergwerk Lippe ===
==== Verbund und Schließung ====
[[Datei:Mahnwache Tisa.jpg|miniatur|Gedenktafel zur Mahnwache von [[Tisa von der Schulenburg]]]]
 
Trotz Demonstrationen und Mahnwachen der Bergleute erfolgte 1998 der Verbund mit der Gelsenkirchener Zeche „[[Zeche Westerholt|Westerholt]]“ zum Bergwerk „[[Bergwerk Lippe|Lippe]]“. 2001 wurde die Förderung auf „Fürst Leopold“ schließlich eingestellt. Die Schächte Wulfen 1 und 2 und der Schacht Baldur 1 wurden anschließend [[Schachtverwahrung|verfüllt]]. Am Standort Fürst Leopold blieben beide Schächte zum Zwecke der [[Wetter (Bergbau)|Bewetterung]] und [[Wasserhaltung|Wasserhebung]] bis auf weiteres offen.
[[Datei:Fuerst-leopold-dorsten.jpg|miniatur|Zeche Fürst Leopold (2010)]]
 
== Heutige Nutzung ==
Schacht 1 diente zunächst weiterhin als [[Wetter (Bergbau)|Wetter]]- und Materialschacht für das Bergwerk „Lippe“. Das Fördergerüst wurde am 6. April 2008 abgerissen.<ref>''Recklinghäuser Zeitung'' vom 14. April 2008</ref> Die weiteren übertägigen Anlagen wie Kohlenwäsche und -aufbereitung werden ebenfalls nicht mehr genutzt.
 
Um Konzepte für neue Nutzungsmöglichkeiten zu entwickeln, wurde 2001 die ''Projektgesellschaft Fürst Leopold'' gegründet.
 
Derzeit wird das Gelände in unregelmäßigen Abständen für kulturelle Veranstaltungen wie die [[Extraschicht]] genutzt. Bei der Dorstener ''stadtinfo'' können außerdem Führungen gebucht werden. Seit Sommer 2004 wird auf dem Zechengelände der monatliche Motorradtreff ''Auf Leopold'' mit bis zu 3500 Bikern veranstaltet.
 
== Literatur ==
* Bergwerk Fürst Leopold / Wulfen (Hrsg.), H.-J. Krüger, H. Coen und H.-J. Wilkin: ''Bergwerk Fürst Leopold / Wulfen 1913–1993. 80 Jahre Steinkohlenbergbau in Dorsten.'' Dorsten 1988.
* Joachim Huske: ''Die Steinkohlenzechen im Ruhrrevier.'' 3. Auflage, Selbstverlag des Deutschen Bergbau-Museums, Bochum 2006, ISBN 3-937203-24-9.
 
== Weblinks ==
* {{Commonscat|Bergwerk Fürst Leopold}}
* [http://www.bergbau-dorsten.de/html/furst_leopold.html Zeche Fürst Leopold] auf der Webpräsenz des Vereins für Bergbau-, Industrie- und Sozialgeschichte Dorsten
* [http://www.industriedenkmal.de/html/bergwerk_furst_leopold.html Artikel und Bilder bei Industriedenkmal.de]
* [http://www.digitale-fotografien.com/foto-galerie/sehenswertes/dorsten/zeche-fuerst-leopold/ Fotogalerie der Zeche Fürst Leopold] von Paul Klimek
* {{RIK|7|10762}}
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== Einzelnachweise und Anmerkungen ==
<references />
 
{{NaviBlock
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[[Kategorie:Stillgelegtes Bergwerk (Kreis Recklinghausen)|Furst Leopold]]
[[Kategorie:Kohlenzeche (Kreis Recklinghausen)|Furst Leopold]]
[[Kategorie:Baudenkmal in Dorsten]]
[[Kategorie:Route der Industriekultur (Kreis Recklinghausen)]]

Aktuelle Version vom 29. Dezember 2016, 16:39 Uhr